Blogbeitrag zu „Freie Medien unter Druck“

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Veranstaltungsreihe „Baustellen der Demokratie“

26. September 2024, 18:30 Uhr, Kultur und Kongresszentrum KuK, Aarau

Blogbeitrag

Am 26. September 2024 fand im Kultur- und Kongresszentrum KuK in Aarau eine angeregte Diskussion zur aktuellen Krise der Schweizer Medienlandschaft statt. Unter dem Titel «Freie Medien unter Druck» beleuchteten Fabian Hägler (Chefredaktor Aargauer Zeitung), Colette Basler (Grossrätin SP Aargau), Christof Nietlispach (Verwaltungsratspräsident der Freiämter Regionalzeitungen, Vorstandsmitglied Die Mitte Aargau) und Stefano Pedrazzi (Dozent Universität Fribourg) die Herausforderungen, denen sich die Medienbranche gegenwärtig stellen muss. Im Fokus standen die Bedeutung der Medien als Pfeiler der Demokratie angesichts zunehmender Medienkonzentration, finanziellen Engpässen und die Rolle des Staates in der Medienförderung.

Die Medienbranche in der Schweiz durchläuft seit einigen Jahren einen Strukturwandel, erklärte der Medienwissenschaftler Stefano Pedrazzi in seinem Eröffnungsreferat. Die Digitalisierung verändere nicht nur die Plattformen, auf denen journalistische Inhalte verbreitet werden, sondern auch das Konsumverhalten der Menschen. Gleichzeitig sei die Zahlungsbereitschaft der Schweizer Bevölkerung für Online-News gering – nur 17% seien bereit, dafür zu zahlen.

Seit 2011 sind 104 Lokalzeitungen verschwunden, was fast einen Viertel aller regionalen Titel in der Schweiz ausmacht. Pedrazzi betonte, dass dies zu «Nachrichtenwüsten» führe – Gebiete, in denen es keine regionalen Medien mehr gibt. Die Dominanz grosser Medienkonzerne wie Tamedia, Ringier und CH Media verschärfe die Situation, da immer weniger unabhängige Stimmen in der Berichterstattung vertreten seien. Freier Marktwettbewerb allein, so Pedrazzi, führe nicht zu besserem Journalismus, sondern senke vor allem die Kosten. Ein echter publizistischer Wettbewerb sei hingegen für die Qualität entscheidend.

Die Konzentration der Medienbranche gefährdet die Vielfalt und Unabhängigkeit der Berichterstattung. Lokale Nachrichten seien ein unverzichtbarer Bestandteil der demokratischen Meinungsbildung, doch gerade diese verschwinden zunehmend – da waren sich alle Expert*innen in der anschliessenden Diskussion sicher. So bewertete Christof Nietlispach die Lage der Regionalzeitungen als sehr angespannt. Bei vielen unabhängigen Regionaltitel sei die schwarze Null und somit das Ende in Sicht. Fabian Hägler, Chefredaktor der Aargauer Zeitung, Teil der CH Media Gruppe, sah die Lage weniger kritisch und verwies zwar auf die stabile Lage seiner Zeitung und das Interesse der Leser*innen an lokalpolitischen Themen. Hägler betonte dabei, dass in seinem Augen Quantität im Hinblick auf Berichterstattung nicht alles sei. Der wirtschaftliche Druck wirke sich aber auch die AZ aus, vor allem auf die Journalist*innen, deren Arbeit schwieriger und unsicherer werde.

Lösungsansätze

Ein zentraler Punkt der Diskussion war die staatliche Förderung von Medien. Colette Basler (SP Aargau) plädierte für eine kantonale Medienförderung. Während andere Kantone, wie etwa Freiburg, bereits erste Schritte unternommen haben, sei die Situation im Aargau noch blockiert.

Als Lösungsansätze wurden direkte Medienförderung, etwa durch Subventionen und operative Unterstützung, sowie indirekte Förderungen, wie Steuervergünstigungen, diskutiert. Ausserdem würden viele Gemeinden eigene Kommunikationskanäle aufbauen, beschrieb Stefano Pedrazzi, was allerdings den Druck auf traditionelle Lokalzeitungen weiter erhöhe.

Die Veranstaltung machte deutlich, dass die Medienkrise in der Schweiz kein Zukunftsproblem ist, sondern bereits Realität. Ohne eine vielfältige Medienlandschaft leidet die demokratische Meinungsbildung. Unabhängiger und faktenbasierter Journalismus ist – gerade in Zeiten von Desinformation und Verschwörungstheorien unverzichtbar. Eine medienpolitische Wende, sei es durch direkte oder indirekte Förderung, ist dringend erforderlich, um den Qualitätsjournalismus in der Schweiz zu sichern.

Die Veranstaltung war Teil der Reihe «Baustellen der Demokratie», die sich den aktuellen Herausforderungen demokratischer Systeme widmet. Unterstützt wird die Veranstaltungsreihe von der Stiftung Mercator Schweiz und dem Swisslosfonds des Kantons Aargau.